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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 99

1908 - Berlin : Süsserott
— 99 — ist eine Königliche Waffenfabrik. An die Gewinnung des Espartograses schließt sich in Katalonien und Andalusien die Papierfabrikation an. Gerona liefert die meisten Korkartikel. Die Tabakfabrikation (Staatsmonopol) hat die größten Betriebe in Sevilla, Madrid und Valencia. Im Ebrobecken hat sich die Rübenz uckerfabrikation schnell entwickelt. (Verlust der Kolonien mit ihrem Rohrzuckerexport nach dem Mutterlande!) ,—— 4. Handel und Verkehr entsprechen nicht der Lage und Be- deutung des Landes. Einst Beherrscherin der Meere und erste Kolonialmacht, mußte Spanien es erleben, daß seine Vormacht- stellung an England überging, und daß eine Kolonie nach der andern infolge der Mißwirtschaft abbröckelte. Der letzte Rest von Be- deutung (Cuba und Puertorico) ging 1898 im Kriege gegen die Union verloren. Die ozeanischen Besitzungen (Karolinen und Marianen — siehe Teil I, S. 104) wurden für 16 Mill. M an Deutschland verkauft. — Da die Landstraßen Spaniens sich in einem kläglichen Zustande befinden, kommen sie für den Verkehr kaum in Betracht. Über die Schiffahrtswege siehe Bewässerung! Für den Binnenverkehr hat die Küstenschiffahrt einige Bedeutung (56 Häfen am Atlan- tischen Ozean, 25 am Mittelmeer). Das Eisenbahnnetz (1906: 14430 km) ist in der Hand von Privatgesellschaften. Von Madrid als Mittelpunkt gehen folgende Hauptlinien aus: 1. Madrid—valladolid—santander, 2. Madrid—lissabon, 3. ,, —Valladolid—coruña, 4. ,, —Toledo—almaden—lissabon, 5- „ —Cordoba—sevilla—cadiz, —Murcia—cartagena—alicante, —Cordoba—malaga, —Zaragoza—barcelona. Den Verkehr mit den übrigen Staaten von Europa vermitteln zwei Linien, im Westen der Pyrenäen die längste Schnellverkehrslinie (siehe S. 65 und Teil I, S. 98); die östüche Linie hat durch die Luxuszug- verbindung Berlin—paris—barcelona sehr gewonnen. Die wichtigsten Binnenhandelsplätze sind Madrid, Valla- dolid, Zaragoza und Granada. — Die spanische Handelsflotte nimmt jetzt dem Tonnengehalt nach erst den achten Rang ein. Für den Seeverkehr kommen folgende Haupthäfen in Betracht: Bilbao (der Versandung ausgesetzt!), Coruña (vom Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Linie angelaufen), Sevilla, Cadiz (versandet), Malaga, Cartagena und Barcelona.

2. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 25

1913 - Leipzig : Hahn
25 weiter als nach Merkendorf gehen. Du möchtest dir sonst wehe tun.“ Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wander- bündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dieses und jenes und ging dann, von ihr bis vor die Haustüre geleitet. Die Witwe aber sprach bei sich, als sie, die beiden Hände in den Rocktaschen, nach ihrem Stüblein zurückkehrte: »Ich lasse alles liegen und stehen, auch seinen Rappen; denn er wird nicht lange ausbleiben.“ Und als eine Stunde darauf die Nachbarin kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und antwortete: »Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie holen, da werden sie fertig sein.“ Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich selber, sich mit der neuen Welt nicht einzulassen. In dem großen Mönchswald gab er auch England auf; in dem tiefen Sande hinter dem Walde fiel der Zeiger bis auf Frankfurt zurück; und als ihm in Merkendorf da und dort aus den Stuben ein heimliches Abendlicht entgegenschimmerte wie vom Himmel dm ersten Sterne, fühlte er ganz, was es heiße, Mutter und Heimat auf Nimmerwiederkommen zu verlassen. So kam er in die Herberge seines Handwerks, nippte ohne großen Appetit von dem Biere, das ihm vorgesetzt wurde, und legte sich dann zwischen die Nürnberger Fuhrleute, die auf dem Stroh in der Stube herumlagen. Sein Wanderbündel machte er zum Kopfkissen. Dann löschte der Wirt die mit Schmalz gefüllte Lampe aus, und das Mondlicht herrschte nun allein in der Stube. Andreas aber hatte einen schlimmen Platz gewählt. Sein Schlafkamerad zur Linken träumte vielleicht von einer Schlägerei. Wenigstens schlug er mit seinen großen und harten Fäusten gewaltig um eich und traf dabei den Schuhmacher so in das Genick, daß dieser erschrocken aufsprang und eine andere Schlafstätte suchte. Eine lange, schmale Tafel, welche an der Wand von dem Fenster bis zur Stubentüre reichte und auf der nichts stand als ein Scheffel, lud ihn ein. Er hob den Scheffel herab und sein Wanderbündel hinauf und legte sich dann selbst nach Bequemlichkeit zurecht. Wenige Minuten darauf schloß ein sanfter Schlaf seine Augen, und die Erinnerung aus seiner frühesten Jugend zog, in einen Traum verwandelt, durch seine Seele. Es träumte ihm, er liege als Knabe von sieben oder acht Jahren zum Baden entkleidet auf einem flachen Ufer der Altmühl und wollte sich in dem schwarzen Schlamme wälzen, um dann seinen Kameraden plötzlich als Mohr zu er-

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 3

1913 - Leipzig : Hahn
3 und dem wir alle seine Wohltaten zuweilen mit schnödem Undank gelohnt hatten. Fest und innig umschloß des Lehrers Hand die meine, und tief blickte er in meine von Tränen überströmenden Augen, als wollte er die Gedanken erraten, die auf dem Grunde des jugendlichen Herzens schlummerten. Wie lange wir so Hand in Hand und Auge in Auge einander gegenübergestanden haben, vermag ich nicht zu sagen. Erst die tiefbewegte Stimme des Lehrers befreite mich von dem Banne, der mich gefesselt hielt, und nie werde ich den Segenswunsch vergessen, den er mir zurief: „Gott bewahre dir dein kindlich dankbares Gemüt und deine reine Seele!" Mir war die Kehle in diesem Augenblicke wie zugeschnürt, und nur ein leises, schluchzendes „Behüt' Sie Gott!" dem Lehrer zurufend, stürmte ich leidenschaftlich erregt zur Türe hinaus. In dieser Stimmung war es mir unmöglich, sofort nach Hause zurück- zukehren und alle die neugierigen Fragen meiner kleinen Geschwister zu beantworten. Ich wandte mich daher nach der entgegengesetzten Seite und schlug einen schmalen, schattigen Pfad ein, der mich zu einem kleinen, von grünem Laubholz umkränzten Waldsee führte. Hier am Ufer des Sees warf ich mich auf das dichte, schwellende Moos des Waldbodens und ließ noch einmal alle die schönen, freudvollen Tage meiner Schulzeit vor meinem geistigen Auge vorüberziehen. Aber nicht nur der so sorglos und friedlich verlebten Vergangenheit gedachte ich in diesem Augenblicke, ich richtete meine Blicke auch in die noch dunkel vor mir liegende Auknnft. M. Ebeltng, Maurerbursche in Neustrelitz. 3. Das Handwerk. Lin Handwerk soll der Bub' nicht treiben; denn dazu ist er viel zu gut. Lr kann so wunderniedlich schreiben, ist so ein feines, junges Blut. Nur ja kein Handwerk — Gott be- wahrel Das gilt ja heute nicht für fein: „Und wenn ich mir's am Munde spare, es muß schon etwas Beff'res sein!" Das ist der wunde Punkt der Zeiten: ein jeder will aufs hohe Pferd; ein jeder will sich nobel kleiden, doch niemand seinen Schneider ehrt. Der Hände Arbeit kam zuschanden der Arbeitsbluse schämt man sich; das rächt sich noch in deutschen Landen, das rächt sich einmal bitterlich. Das Handwerk hat noch gold'nrn Boden, hält es nur mit dem Zeitgeist Schritt, folgt es den Künsten und den Moden, und bringt man Liebe zu ihm mit. wenn Bildung sich und Fleiß ver- mählen und tut der Meister feine Pflicht, mögt ihr es zum Beruf erwählen: es ist das Schlechteste noch nicht. Deutsche Töpferzeituuz. 4. Die Berufswahl. „Für einen Bauer ist er zu schwächlich, wird halt ein Pfarrer oder ein Schneider werden müssen!" Das war das Ergebnis der Be- ratung, die eines Abends über mich in der Stube des Waldbauern abgehalten wurde. Meine Mutter ging zu dem Geistlichen, Hilfe i*

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 5

1913 - Leipzig : Hahn
5 durch, der erste Stich war mißlungen. Tief erglühend forschte ich der Ursache nach und kam endlich darauf, daß von mir vergessen worden war, an dem Faden einen Knoten zu machen. Ich schlang also mit großer Mühe ein Knötlein und nähte hierauf mit Erfolg, aber auch mit Hindernissen. Es verwandt und verdrehte sich der Zwirn, es staute sich die Nadel am Finger, es verschob sich das Zeug und ließ sich mit jedem Zuge hoch in die Lüfte ziehen, es riß sogar der Faden. Als ich ein paar Stunden so herumgenäht hatte, ohne daß mein Meister auch nur, eine Silbe zu mir gesprochen hätte, und als ich endlich mit dem Ärmling fertig zu sein wähnte und mit dem Auge fragte, was nun zu beginnen sei, antwortete er: „Jetzt trenne den Ärmling wieder auf bis auf den letzten Stich und ziehe die Fäden sauber aus. Achtung geben mußt nur, daß du den Stoff nicht an- schneidest." Als ich das mit Angst und Schmerz getan hatte und die Teile des Ärmlings wieder so dalagen, wie sie mir der Meister in die Hand gegeben hatte, ließ er von seiner Arbeit ab und sprach zu mir folgendes: „Ich hab' nur sehen wollen, wie du die Sache angreifst. Just nicht ungeschickt, aber den Loden muß man zwischen Knie und Tischrand einzwängen, sonst liegt er nicht still. Später, wenn du's einmal kannst, wird er auch wohl ohne Einzwängen still liegen, so wie bei mir da. Auf den Finger mußt du einen Fingerhut stecken, sonst kriegt deine Hand gerade so viele Löcher wie der Loden. Den Zwirn mußt du mit Wachs glätten, sonst wird er fransig und reißt. Die Stiche mußt du so machen, daß einer über dem andern reitet, das heißt man Hinterstiche, sonst klafft die Naht. Die Teile mußt du so zusammennähen, daß du sie nicht wieder voneinander zu trennen brauchst, und gibt es doch einmal zu trennen, so mußt kein saures Gesicht dazu machen; empfindsam sein leidet unser Handwerk nicht. Jeder Ochsenknecht wird dich ausspotten und wird dich fragen, ob du das Bügeleisen bei dir hättest, daß dich der Wind nicht fort- trägt, und wird, solange er deiner ansichtig wird, wie ein Ziegenbock meckern. Laß ihm die Freud' und geh still und sittsam deiner Wege. Ein gescheiter Mensch schämt sich nicht seines ehrlichen Handwerks, und ein dummer vermag es nicht zu lernen. Der Schneider studiert nie aus; jede Kundschaft hat einen andern Leib, jedes Jahr hat eine andre Mode; da heißt's nicht bloß zuschneiden und nähen, da heißt's auch denken, mein lieber Bub'; aus einem tüchtigen Schneider ist schon manch ein hoher Herr hervorgewachsen. Der große Feldherr Derff- linger ist ein Schneider gewesen. Deswegen, wenn du in dir wirklich die Neigung empfindest zu diesem Stande, so will ich dich lehren, was ich selber kann." Ich nickte dankend mit dem Kopfe. Beim Weggehen sagte der Alpelhoser zu mir: „Schneider werden? Wie ist dir denn das einge- fallen ? Alleweil in der finstern Stube sitzen; in den meisten Häusern lassen die Leut' nicht einmal Lust zu den Fenstern herein. Wenn du

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 35

1913 - Leipzig : Hahn
35 einen Hexenschuß im Kreuz und liegt zu Bette; aber die Herbergsmutter hat auch noch keinem ehrlichen Schusterknecht ein Bein ausgerisien. Kannst fragen, wen du willst, in der Stadt, ob die alte Hambroksche nicht überall einen Stein im Brette hat." „So wollt' ich Euch ganz freundlich angesprochen haben, Frau Mutter," sagte Timmo, indem er sich mit geschlossenen Hacken vor sie hinstellte, den Hut in der Hand und den Ranzen unter dem linken Arm, „von wegen des Handwerks, ob Ihr mich und mein Bündel heute wollet beherbergen, mich auf der Bank und mein Bündel unter der Bank; ich will mich halten nach Handwerks Gebrauch und Gewohnheit, wie es einem ehrlichen Schusterknecht zukommt, mit keuschem Mund und reiner Hand." „Sei willkommen wegen des Handwerks!" sagte die Alte, „lege dein Bündel unter die Bank und deinen Filz auf dem Herrn Vater seinen Tisch; ich will den Altschaffer rufen lassen, daß er dich umschaut." Timmo tat, wie ihm geheißen war, und ruhte sich. Als aber der Altgesell kam, erhob er sich wieder, setzte den Hut auf, ging dem Ein- tretenden entgegen und legte seine linke Hand auf dessen rechte Schulter. Der Altgesell machte es ebenso und fing an: „Hilf Gott, Fremder! — Schuster?" „Stück davon", antwortete Timmo. „Wo streichst du her bei dem staubigen Wetter?" „Immer aus dem Land, das nicht mein ist." „Kommst du geschritten oder geritten?" „Ich komme geritten auf zwei Rappen aus eines guten Meisters Stall. Die Meisterin hat sie mir gesattelt, die Jungfer hat sie mir ge- zäumt, und beschlagen hab' ich sie mir selber." „Worauf bist du ausgesandt?" „Auf ehrbare Beförderung, Zucht und Ehrbarkeit, Handwerks Gebrauch und Gewohnheit." „Wann fängt selbige an?" „Sobald ich meine Lehrjahre ehrlich und treu ausgestanden." „Wann endigt sich selbige?" „Wenn mir der Tod das Herz abbricht." „Was trägst du unter deinem Hut?" „Eine hochlöbliche Weishett." „Was trägst du unter deiner Zunge?" „Eine hochlöbliche Wahrheit." „Was frommt unserem Handwerk?" „Alles, was Gott weiß und ein Schustergeselle." Nun nahmen sie beide den Hut ab, der Altschaffer reichte dem Fremden die Hand und sprach: „Sei willkommen wegen des Handwerks! Wie heißt du? Was ist dein Begehr?" „Ich heiße Timotheus Schneck, bin aus Darmstadt gebürtig und wollte dich gebeten haben, du wollest mir Handwerksgewohnheit wider- fahren lassen und mich umschauen, ist es nicht hier, so ist es anderswo." 3*

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 14

1913 - Leipzig : Hahn
t — 14 — Jüngling, und seine vorige, blühende Gestalt wurde ihm bitter vor> gegaukelt. Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße Tränen strömten versiegend in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!" Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so fürchterlich geträumt — er war noch ein Jüngling. Nur seine Verirrungen waren nicht bloß ein Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er noch jung war und von den schmutzigen Gängen des tasters umkehren und sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die ins reine Land der ewigen Ernten führt. Aehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen stehst. Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugendzeit!" — sie würde nicht wiederkommen. Jean Paul Friedrich Richter. 13. Die deutsche Turnkunst. Wie so viele Dinge in der Welt so hat auch die deutsche Turnkunst einen kleinen, unmerklichen Anfang gehabt. Ich wanderte gegen das Ende des Jahres 1809 nach Berlin, um den Einzug des Königs zu sehen. Bei dieser Feier ging mir ein Hoffnungsstern auf, und nach langen Jrr- jahren und Irrfahrten wurde ich hier heimisch. Liebe zum Vaterlands und eigne Neigung machten mich wieder zum Jugendlehrer, was ich schon so oft gewesen war. Zugleich ließ ich mein „Deutsches Volkstum" drucken. In schöner Frühlingszeit des Jahres 1810 gingen an den schul- freien Nachmittagen der Mittwoche und Sonnabende erst einige Schüler mit mir in Feld und Wald, bald folgten immer mehr und mehr. Die Zahl wuchs, und es wurden Jugendspiele und einfache Übungen vor- genommen. So ging es fort bis zu den Hundstagen, wo eine Unzahl von Knaben zusammenkam, die sich aber bald nachher verlief. Doch sonderte sich ein Kern aus, der auch im Winter als Stamm zusammen- hielt, und mit dem dann im Frühjahr 1811 der erste Turnplatz in der Hasenheide (bei Berlin) eröffnet wurde. Jetzt wurden im Freien öffentlich und vor jedermanns Augen von Knaben und Jünglingen mancherlei Leibesübungen unter dem Namen Turnkunst in Gesellschaft getrieben. Damals kamen die Benennungen Turnkunst, turnen, Turner, Turnplatz und ähnliche miteinander zu- gleich auf. Das gab nun bald ein gewaltig Gelaufe, Geschwätz und Geschreibe. Selbst durch französische Tageblätter mußte die Sache Gaffen laufen. Aber auch hierzulande hieß es anfangs: „Eine neue Narrheit, die alte Deutschheit wieder ausbringen zu wollen." Dabei blieb es nicht. Vorurteile wie Sand am Meer wurden von Zeit zu Zeit ruchbar. Sie

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 38

1913 - Leipzig : Hahn
38 24. Trinker-Ausreden. Eine der Hauptursachen der Krankheiten ist die Unkenntnis des Volkes in gesundheitlichen Fragen. Die große Menge, ob gebildet oder ungebildet, lebt nach Grundsätzen und Anschauungen, die die Gesundheit untergraben. Ein Kernpunkt der Lebenskunstist die Ernährung, die richtige Auswahl von Speise und Trank. Über kein Gebiet aber herrschen so viele und so große Irrlehren wie über die Frage: Was soll der Mensch trinken? Wissenschaftliche Tatsachen, die tägliche Erfahrung, das Handgreiflichste wird auf den Kopf gestellt, um dem Genusse von Wein, Bier und Branntwein mit Gewissensruhe frönen zu können. Welche Ausreden sind es denn, womit der Trinker sein Gläschen beschönigt? „Ich habe Durst", sagt der eine. Und doch * hat er schon oft erlebt, wie er nach einem fidelen Abend, an dem er mit so und so viel Glas den Riesendurst bezwungen, nachts vor Durst erwacht und gierig nach der Wasserflasche greift. Der Alkohol, den er im Wein, Vier und Schnaps zu sich genommen, hat im Körper den Wassergehalt vermindert und sein Flüssigkeitsbedürfnis gesteigert. Er will sich mit Wein und Bier den Durst stillen, obwohl er längst erfahren hat, daß Alkohol Durst erzeugt. Wer würde an einem Abend 5 bis 10 Seidel Wasser trinken? Es ist unmöglich; denn der Durst wäre schon nach dem ersten Seidel gefüllt. „Ich friere, mir ist zu kalt — ich muß mich durch ein Gläschen wärmen", sagt ein anderer, und doch belehrt ihn das Thermo- meter, daß bei Genuß von Wein, Bier und Branntwein die Blut- wärme sinkt. Der Alkohol lähmt gewisse Teile des Gehirns, sodaß die Blutgefäße der Haut sich erweitern und eine Blutflut zur Haut entsteht; dies zeigt das rote Gesicht und das scheinbare Gefühl der Erwärmung. Diese Täuschung ist die Ursache des Erfrierens all jener Unglücklichen, die durch ein Schnäpschen sich Wärme zu schaffen versuchten; denn die Blutflut in der Körperoberfläche gibt leicht ihre Wärme an die kalte Umgebung ab, bis das Blut immer mehr und mehr sich abkühlt. Sonderegger sagt in seinem trefflichen Buche „Vorposten der Gesundheitspflege": „Ich wunderte mich über die Fuhrleute in Kasan, die zu Hunderten den Frachtverkehr besorgen, wie sie bei einer Kälte von 30 bis 35* C Tag und Nacht auf den Beinen sein können und, um von Staüon zu Staüon zu gelangen, stets mehrere Stunden unterwegs sein müssen. Meistens sind diese Fuhrleute Tataren, die mit höchst seltenen Ausnahmen genau nach dem Koran leben und keine geistigen Getränke genießen. Diesem Umstande ist meines Erachtens ihre Ausdauer, ihre körperliche Frische und ihre große Willenskraft zuzuschreiben." Es erfroren bekanntlich Karl Xii. auf einem kurzen Zuge nach Gladitsch 3000 bis 4000 Mann, die sich mit Branntwein gegen die Kälte gestärkt hatten. Seit langem ist den russischen Soldaten bei Wintermärsche rr

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 17

1913 - Leipzig : Hahn
17 in fremden Ärmeln wegzusehen, war alle Welt mit mir zufrieden, wie ich mit aller Welt. — So hatte ich beständig Freunde, be- ständig Beistand, Zutrauen, Geschäfte. Gott gab Segen. Der Segen liegt im Rechttun und Rechtdenken wie im Nußkern der fruchttragende, hohe Baum. — So wuchs mein Vermögen. „Wozu denn?“ fragte ich; „du brauchst ja nicht den zwanzigsten Teil davon. -— Prunk damit treiben vor den Leuten? — Das ist Torheit. Soll ich in meinen alten Tagen noch ein Loch im Ärmel auf weisen? — Hilf anderen, wie dir Gott durch andre geholfen. Dabei bleibt?s. Das höchste Gut, das der Reichtum gewährt, ist zidetzt Unabhängigkeit von den Launen der Ijeute und ein großer Wirkungskreis. — Jetzt, Konrad, gehe auf die hohe Schule, lerne etwas Rechtes; denke an den Mann mit der weißen Perücke: hüte dich vor dem ersten kleinen Loch im Ärmel; mach’s nicht wie mein Kamerad Albrecht! h. zschokk«. 15. Karl Krause. Vor mehr als siebzig Jahren wanderte in Leipzigs Mauern ein junger Bauernbursche ein, der nichts sein eigen nannte als seine gesunden Glieder, sein reines Gemüt und den guten Willen, seinem künftigen Brotherrn treu zu dienen. Dies waren alle seine Schätze, die nur ergänzt wurden durch ein Bündel kleiner Habselig- keiten, das ihn aber recht wenig zu drücken schien. Kaum vierzehn Lenze zählend, hatte er sein sriedliches Heimatdörschen verlassen und wollte nun sein Glück in der Stadt versuchen. Gar klein sollte der Anfang der neuen Laufbahn sein; denn Karl Krause, so heißt der Held unserer Erzählung, wollte Laufbursche bei Wilhelm Felsche in Leipzig werden. Noch wußte er selbst nicht, welche Kräfte in seiner Seele schlummerten, und daß die Anregungen des großstädtischen Lebens seiner Geisteskraft einst die Schwingen geben würden, sich aus der Menschheit Höhen emporzuheben. Vielmehr schien ihm das Los, in so früher Jugend das Vaterhaus verlassen zu müssen, eine harte Prüfung des Schicksals zu sein; denn bis jetzt hatte er ein recht ungebundenes Leben in der Freiheit der ländlichen Verhältnisse führen können. Seine Wiege stand in Limehna, einem anmutigen Dörfchen zwischen Eilenburg und Halle. Seine Eltern waren brave Landleute, die gar fleißig ihre Hände rührten, da nicht weniger als elf Sprößlinge im Hause nach Brot verlangten. Damm mußten früh- zeitig alle Kinder auf Feld und Wiese, in Haus und Hof, in Stall und Scheune tapfer mit zugreifen und den Lebensunterhalt verdienen helfen. Auch Karl lernte auf diese Weise schon im jugendlichsten Alter den hohen Wert der Arbeit kennen und stählte seine Körper- kraft durch harte Übung an landwirtschaftlichen Geräten. Ein neues Leben begann mit der Schulzeit. Obwohl der alte Lehrer Eckert Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Alltz. Teil. 2

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 41

1913 - Leipzig : Hahn
41 gaben, durch welche die Erwerbsfähigkeit gehemmt wird. Man will Kummer und Sorgen bekämpfen, und statt zum wahren Freunde zu gehen, der einen mit Rat und Tat unterstützt, geht man zu falschen Freunden in die Kneipe, die einem sagen: „Du bist nicht schuld, sondern die heute herrschenden sozialen Einrichtungen, und die dem Trostsuchenden einen Fußtritt geben, sobald er seine Wirtshaus- rechnung nicht mehr bezahlen kann." Die letzte Ausrede des Alkoholfreundes ist die schwerwiegendste: „Mein Beruf erlaubt es mir nicht, mich des Alkoholgenusses zu enthalten." Damit wälzt er die Schuld von sich ab und stempelt sich zum Märtyrer. Die Statistik weist nach, daß es keinen Beruf gibt, in dem man nicht ohne Alkohol leben kann. Alle Einwendungen der Alkoholfreunde schrumpfen in ein Nichts zusammen, es sind Ausflüchte und Beschönigungen; wer offen und ehrlich sein Glas verteidigen will, sage doch lieber: Ich trinke Wein und Bier, weil ich gern trinke, oder weil ich mich schäme, etwas anderes zu trinken. Der Alkohol, wie er im Wein, Bier und Schnaps getrunken wird, ist also durchaus unnötig, und das viele Geld ist nutzlos vergeudet. Deutschland gibt in jedem Jahre 3 Milliarden Mark für Alkohol aus, doppelt soviel als der gesamte Reichshaushalt aus- macht. Während die ganze Steuer auf den Kopf der Bevölkerung 25 M beträgt, gibt unser Volk pro Kopf 50 M für Alkohol aus. Und mehr als 150000 Deutsche führt der Alkohol jährlich vor den Strafrichter. Wieviel Elend und Not enthalten diese trockenen Zahlen! Wenn es doch nur vergeudet wäre, aber Alkohol ist ein Gift und eine Ursache vieler Erkrankungen. Charles Darwin sagt: „Durch meine, meines Vaters und meines Großvaters lange Erfahrungen... die sich über mehr als ein Jahrhundert erstrecken, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß keine andere Ursache so viel Leiden, Krankheit und Elend erzeugt als der Genuß alkoholischer Getränke." Dieselbe Ansicht haben die berühmtesten Professoren und Ärzte. Alle Organe des Menschen werden von diesem Gifte in ihren Verrichtungen gestört und krankhaft verändert. Der chronische Katarrh des Rachens und der chronische Magenkatarrh des Trinkers sind allgemein bekannt. Daß die unheilbaren Nieren- und Leber- leiden zum großen Teil Folgen des Alkohols sind, hat leider schon mancher zu spät erfahren müssen. Als Nervengift kennzeichnet sich der Alkohol schon durch seine lähmende Wirkung am Gehirn. Es gibt keine Nervenkrankheit, wobei nicht der Alkohol als ursächliches Moment eine Rolle spielte. Im Berliner Krankenhaus werden jähr- lich 5 bis 600 an Säuferwahnsinn leidende Kranke ausgenommen, ab" gesehen von den vielen anderen Nervenkranken. Nach vr. Franz Schönenberger.

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 42

1913 - Leipzig : Hahn
42 25. Spielkarten. Wer erzählen könnte, was diese zweiunddreißig Blätter in der Welt schon angerichtet haben, brächte leicht eine ganze Bibliothek zusammen. Ja, wenn's noch schwarzer Peter wäre oder so ein „Geduldspiel," wenn man an Langeweile oder Podagra leidet — aber das Spiel ums Geld hat schon Millionen um Haus und Hof, um Ehre und Frieden gebracht. Außer der Schnapsflasche hat der Teufel keine so glückliche Erfindung gemacht als die Aarten. Sie sind eine richtige Mausefalle, die sicher arbeitet. Du könntest dir auch einen Vers daraus machen, geneigter Leser, und dir sagen, was Herz, Eckstein, Schippen (Laub) und das Areu; bedeuten, und brauchtest den Aopf dir nicht besonders darüber zu zerbrechen. Das rote per; sind die blutenden Kerzen daheim von Weib und Rind, deren Vater die Nacht durchspielt und den Erwerb verschwendet, am Eckstein sind Tausende zerschellt, zum schwarzen Laub ist mancher Familienbaum zusammengewelkt, und das Areu; kannst du auf jedes Grab des Glücks, auf die Trümmerhaufen der Menschenherzen setzen, die den Frieden des Herzens verspielt haben. Der alte Flattich im Schwabenland hat's verstanden, schon in der Jugend seinen Buben, deren er etwa dreißig in Aost und Wohnung hatte, und die meist zu kurz oder zu lang waren, um in das Gym- nasium zu paffen, das Kartenspiel gründlich zu versalzen. Er sieht eines Abends spät um elf Uhr noch Licht aus dem Schlaf- zimmer leuchten, schleicht still hinauf: richtig, da sitzen die jungen Herrlein am Tische beim Lichtstümplein und spielen Karten. „Was tausend," sagt er, „ihr könnt Aarten spielen?" und erschreckt sahen die Missetäter den Pfarrer an — und die Aarten fliegen unter den Tisch. „Ach was — holet sie gleich wieder herauf! Ich will mit euch karten, es ist ja ein Zeitvertreib." Also er setzt sich zu ihnen hin, und die Herrlein sind seelenvergnügt, daß der alte Herr die Sache so scherzhaft aufgefaßt hat und kein Spielverderber ist. Es wird also gespielt und wird mittlerweile zwölf Uhr, und der Wächter bläst die Witternacht und singt dazu etwas vom Licht ausblasen; aber der Pfarrer steckt dagegen ein neues Licht auf, und den Herr- lein geht das Licht im Aopfe derweilen langsam aus, denn der Schlaf bläst es aus. Aber da hilft nichts, „wenn man einmal am Aarten ist, wird fortgemacht, 's ist ja ein Zeitvertreib," sagte der Pfarrer. Und es wird ein Uhr und zwei Uhr, und die Aäpfe sind so schwer, daß sie am Halse herumbaumeln wie eine volle Sonnen- blume am schlanken Stengel. Aber es nutzt nichts, sie müssen weiter spielen. Der Morgenwind fängt um drei Uhr schon an zu blasen, und den jungen Herren wird's kalt in ihrem Nachtkostüm; aber der Pfarrer hat einen dicken Hausrock an und spürt gar nichts von der Morgenluft. Da fangen die Herrlein an zu heulen und bitten um Gottes willen, er solle doch aufhören, sie wollten's ihr
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